Tag - Stahl

Die Panzerung von Panzern

Was wäre ein Panzer ohne Panzerung? Allein der Name wäre dann schon nicht mehr vorhanden. Auf Englisch wäre der tank allerdings immer noch der tank, auch wenn die armor als Wort wegfallen würde. Genug der sprachlichen Verwirrtheit. Welche Panzerung gibt oder gab es?

Stahl:
In den ersten Jahrzehnten des 20.Jahrhunderts wurde die Stahlpanzerung in großen Stahlfabriken in Bleche gewalzt, in Form geschnitten, dann zusammengebolzt und -genietet. Die militärischen Mächte in den kleinen Kriegen der dreißiger Jahre und zu Beginn des Zweiten Weltkrieges stellten allerdings fest, dass Erschütterungen von Beinahe-Treffern und Nicht-Durchdringungstreffern häufig die Bolzen herausschlugen. Diese flogen im Innern des Fahrzeuges mit tödlicher Wirkung umher.

Danach wurden die Platten zusammengeschweißt, oder, noch besser, in einem Stück gewalzt.

Heute wird die Panzerung für Tanks in wenigen, vieltonnigen Stücken geformt. Der Gieß- und Bearbeitungsprozess bewirkt eine spezielle Verhärtung an der Außenfläche. Diese gehärtete Fläche kann Granaten zurückwerfen oder solche mit Sprengköpfen zerschmettern. Der etwas weichere Stahlkern bewirkt, dass eine Durchdringung der Oberfläche nicht ein Zerspringen der Panzerung bewirkt. Die Innenseite der Form ist üblicherweise mit einer „Tapete“ aus Kevlar oder einem ähnlichen ballistischen Material beschichtet. Und zwar deswegen, weil Panzerungsdurchschläge häufig kleine Bruchstücke der Panzerung (Splitterung) und der Granate im Inneren umherwirbeln. Das ballistische Material soll alle bis auf die größten Bruchstücke „auffangen“ und dadurch das Ausmaß an Verletzungen und Beschädigungen, das durch eine Durchdringung bewirkt wird, verringern.

Geneigte & gerundete Panzerung:
Seit dem berühmten T-34 (zuerst 1941 produziert) haben alle Panzer geneigte Panzerungen verwendet um die effektive Dicke ihrer Panzerung sowie die Abprallwahrscheinlichkeit zu erhöhen.

Eines der ersten Gegenmittel gegen HEAT-Sprengkörper bestand darin, die Form der Panzerplatten weiter zu verändern. Anstelle von ebenen Platten wurden in den 1950ern die neuen Panzerrümpfe und -türme in gerundeten Formen gegossen. Gerundete Panzerung erhöht die Chance, dass Granaten abprallen, oder dass zumindest der HEAT-Gasstrahl die Panzerung in einem solchen Winkel trifft, dass der Strahl nach außen verpufft, anstatt durch die Panzerung zu brennen. Ein ‚Treffer im rechten Winkel war natürlich weiterhin tödlich.

Ein wesentlicher Faktor für die Wirksamkeit einer Panzerung ist der Neigungswinkel der Frontpanzerung:

  • Liegt der Neigungswinkel bei 60° oder darüber, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass ein Projektil von der Oberfläche der Panzerung abprallt und dabei keine oder aber nur geringe Beschädigungen verursacht.
  • Durch den Neigungswinkel wird die Menge der Panzerung bestimmt, die ein SABOT oder HEAT-Geschoss durchstoßen muss, um in das Innere des Panzers vordringen zu können.

Als Faustregel gilt: je größer der Neigungswinkel, desto größer der Schutz des Panzers, bzw. der Panzerung.Im Laufe der Geschichte wurde der Neigungswinkel gravierender Bestandteil der Panzerplanung:

  • Im ersten Weltkrieg lag der Neigungswinkel bei fast allen Fahrzeugen bei 0°.
  • Im zweiten Weltkrieg hatten die Frontpanzerungs-Neigungswinkel bereits Werte um 45° bis 60°
  • Moderne Kampfpanzer haben durchgehend Neigunswinkel um 80°.

Kleines Beispiel: Ein Panzer mit einer Panzerplattenstärke von 200mm und einem Neigungswinkel von 70° hat eine effektive Materialstärke von 584mm, die ankommende Geschosse überwinden müssen.

Kompositpanzerung:
Chobham- und Kompositpanzerungen wurden in den späten 1970ern erfunden. Obwohl die Materialien und die Erzeugung geheim bleiben, scheint es doch so zu sein, dass diese Panzerung aus Schichten von Metallen mit hoher Stärke und Dichte kombiniert mit hitzebeständigen Kunststoffkeramiken besteht. Die nichtmetallischen Schichten wirken vermutlich als Hitzeabsorber oder -reflektor, die die Temperatur des Gasstrahls viel schneller als Stahl reduzieren. Dadurch dringt der Strahl nicht so tief ein.

Chobham & andere Kompositpanzerungen:
Verbundmetallpanzerung besitzt eine harte Stahloberfläche wie normale Panzerung. Aber darunter sind verschiedene Schichten aus Metallen und Keramikmaterialien. Bei den modernsten M1A1 besteht die erste Innenschicht aus verdünntem Uran, eine Substanz, die etwa 2,5 mal so dicht wie Stahl ist. Darunter befinden sich verschiedene Schichten aus Stahl und Keramik. Keramik widersteht Hitze besser, während Stahl kinetische Energie besser absorbiert. Der Gesamteffekt ist eine Panzerung, die genauso gut wie konventioneller Stahl kinetischer Energie widersteht, und die die heißen Gasstrahlen der HEAT-Munition so gut absorbiert, dass die meisten dieser Waffen wirkungslos sind. Die letzte innere Schicht der Panzerung besteht zweifellos aus speziellem Metall oder Kunststoff, die die Splitterung, ähnlich wie der ballistische „Tapetenstoff“ begrenzen. Die genaue Zusammensetzung der Chobham-Panzerung ist vermutlich komplexer als eine einfache Beschichtung. Die Keramiken sind vermutlich in Stahlwaben eingeschlossen, oder umgekehrt. Die Schichten können sich in komplizierten Mustern überschneiden oder ineinanderwickeln. Der Westen ist, was seine Geheimnisse betrifft, vorsichtig: sowohl die Firmen, die diese Panzerung herstellen, als auch Soldaten, die sie reparieren, müssen für die entsprechende Geheimhaltungsstufe freigegeben sein. Alle Kompositpanzerungen haben eine Eigenschaft gemeinsam: Sie werden als flache Platten hergestellt. Mit ihnen ausgekleidete Panzer müssen auf gerundete Formen verzichten und zu flachen Platten zurückkehren. Daher das sockelförmige Aussehen des M1, des Leopards und der vorderen Rümpfe der T-72/T-80 Serien.

Leichtgewichtslegierungen:
Einige leichte Tanks und die meisten leichten AFV haben Stahl durch leichtere Metall-Legierungen ersetzt. Aluminium ist die beliebteste. Die USA verwenden zum Beispiel Aluminiumpanzerungen in den M113- und M2/M3-Serien.

Die UdSSR verwendete sogar Magnesiumlegierungen für Teile der BMP-Serien. In beiden Fällen war die Wahl unglücklich. Diese Metalle haben einen viel tieferen Entzündungspunkt afs Stahl. Wenn sie durchschlagen wurden, entzündeten sich tatsächlich Metallsplitter der Panzerung, und brennendes Metall fliegt im Inneren des Fahrzeuges umher.

Im Afghanistankrieg waren lodernde BMP kein seltener Anblick. Natürlich sind die schlecht platzierten Benzintanks bei den BMP mit eine Ursache für das Inferno. Ähnlich wie bei Shermans im Zweiten Weltkrief wo man die Shermans auch mit dem Spitznamen ‘Ronsons’ oderr ‘Tommy Cookers’ versehen wurde. Wobei man wohl beim Sherman auch von einer urban myth diesbezüglich ausgehen muss. Das werden wir noch an anderer Stelle vertiefen.